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Die Jahreslosung des neuen Jahres 2025 hat auf den ersten Blick nichts Seelsorgliches, eher etwas Ermahnendes: Triff deine Entscheidung richtig! Ich denke dabei an die bevorstehende Bundestagswahl und den immer wieder gehörten Spruch: "Mach das Kreuz an der richtigen Stelle" - wobei jeder etwas anderes darunter versteht. Ich bin ehrlich: Ich leide häufig unter der Last der Entscheidungen. Und wenn ich kann, schiebe ich sie auch gerne auf oder laufe vor ihnen davon. Aber das macht das Leben nicht unbedingt leichter. Denn die Entscheidungen laufen quasi hinter einem her. Und dann ist es doch besser, sich ihnen zu stellen und sich vor allem zwei Sachen klarzumachen: 1) Ich kann abwägen und entscheiden! Gott hat mir einen Verstand und ein Herz mitgegeben. Ich kann und ich darf der Herr meiner Entscheidungen sein. 2) Ich darf mich auch mal täuschen und daneben liegen! Bei alledem, was ich in meinem Leben schon falsch entschieden habe, ist die Welt doch nicht untergegangen. Wie tröstlich. Insofern: Froh drauflos in 2025!
Wenn der Leib unaufhörlich in Bewegung gehalten wird, wird er müde. Wenn der Geist unaufhörlich in Bewegung gehalten wird, wird er sorgenvoll; und Sorge verursacht Erschöpfung. Das Wesen des Wassers ist, dass es klar wird, wenn man es in Ruhe lässt, und still, wenn man es nicht stört. (Dschuang Dsi)
Die Angst ist in diesen Tagen ein dominierendes Gefühl. Sie speist sich aus allerlei Nachrichten: sei es aus dem Fernsehen oder Internet, sei es in der Arztpraxis oder im Krankenhaus. Aber so sehr die Angst ein bestimmendes Gefühl ist, so wenig wollen wir sie uns eingestehen: "Sprechen Sie meinen Mann bloß nicht auf seine Krankheit an", sagte mir neulich eine Frau im Krankenhaus - so als könnte man Angst kleinschweigen. Tatsächlich ist es genau anders herum. Es ist hilfreich, seine Gefühle auszusprechen und ans Licht zu holen. Dann fange ich an, sie zu beherrschen, anstatt dass sie nur mich beherrschen. Dazu eine kleine Geschichte, die ich in dem Buch "Kopf hoch" von Volker Busch gefunden habe: In dem Kindermärchen Jim Knopf und Lukas, der Lokomotivführer von Michael Ende müsse die beiden ihr geliebtes Lummerland wegen Überfüllung verlassen. Also machen sie sich auf eine Reise durch die Welt. Dabei verirren sie sich in einer Wüste und erblicken plötzlich am Horizont eine riesige Gestalt. Trotz ihrer anfänglichen Befürchtungen entscheiden sie weiterzufahren. Zu ihrem Erstaunen wird der Riese immer kleiner, je näher sie ihm kommen. Als sie ihn erreichen, ist er zu einem hutzeligen, alten Mann herabgeschrumpft, der liebevoll lächelt und nichts Böses will. Die angstbesetzte Gestalt entpuppt sich als Scheinriese, der nur aus der Entfernung groß wirkt, sich jedoch bei der Betrachtung aus der Nähe als viel kleiner erweist und noch dazu von seiner Art völlig anders ist als befürchtet. Der scheinbare Riese stellt sich als Herr Tur Tur vor und hilft den Verirrten wieder aus der Wüste heraus. Die Botschaft der Geschichte ist klar: Je mutiger man seinen Ängsten entgegentritt, desto kleiner werden sie und desto mehr kommen wir aus der Erstarrung zurück in ein selbstbestimmtes Handeln.
Die Angstschreie habe ich noch in den Ohren, die schlimmen Bilder im Kopf, die Tränen der Patientinnen und Patienten, der Schwestern und Pfleger, der Helferinnen und Helfer und der Angehörigen stehen mir vor Augen. Übermenschliches haben die geleistet, die geholfen haben. Und doch konnten sie nicht verhindern, dass Menschen ums Leben gekommen sind und Verletzung erfahren haben. Das ängstliche Zittern der Hände wird sie noch lange begleiten.
Lass uns aushalten, was geschehen ist: mitfühlen, mitleiden, einander die Hand auf die Schulter legen - und spüren, dass in jeder noch so kleinen Geste auch deine Liebe uns begegnen und trösten will.
Wir suchen nach Verstehen und fragen nach Schuld. Du nimmst uns liebend in den Arm wie eine Mutter ihr Kind.
Sie verbringen die Weihnachtstage im Klinikum. Ich stelle mir vor, dass das nicht leicht für Sie ist. Denn Weihnachten ist das Fest mit vielen Bildern und Erinnerungen von Geborgenheit und heiler Welt. Und Sie empfinden im Moment vielleicht alles andere als Geborgenheit und Heil.
Allerdings ist Weihnachten niemals wirklich ein Fest der heilen Welt gewesen. Die Geschichte vom Jesuskind spiegelt vielmehr eine Welt voller Risse. Wichtig ist aber zu erkennen: In diese Welt ist Gott hineingeboren, um bei den Menschen zu sein, deren Existenz brüchig ist. Und noch etwas anderes gilt: Manchmal braucht es diese Risse im Leben, damit neues Licht hereinscheinen kann. Lassen Sie uns Gott erlauben, dieses Licht für unser Leben zu sein.
Ich lade Sie herzlich ein, in diesen Tagen die Kapelle auf der Ebene -1 aufzusuchen. Es liegen weihnachtliche Texte für Sie aus. Sie sind eingeladen, dort in der Stille Gott nahe zu sein.
Herzlichst, Ihr Pastor und Klinikseelsorger Ulrich Hillmer
Ein theologischer Gedanke hat sich uns besonders tief eingeprägt: dass wir sündige Menschen sind, unfähig zum Guten. Es ist der Grundtenor all der Predigten, die ich als Jugendlicher und Konfirmand gehört habe. Dieser Gedanke hat nichts Aufbauendes und spiegelt letztlich auch nur eine bestimmte Auslegungstradition biblischer Texte. Ein Zentraltext ist dabei die Geschichte von Adam und Eva und der sogenannten Vertreibung aus dem Paradies. Der Beitrag von Florian Breitmeier auf NDR Kultur zeigt, dass man die Geschichte auch ganz anders lesen kann: als Beschreibung des Erwachsenwerdens des Menschen.
„Gott ist ein glühender Backofen voller Liebe." – so formulierte es Martin Luther einmal in einer Predigt. Und er wollte damit zeigen: Die Liebe ist nicht nur eine Eigenschaft Gottes unter vielen anderen. Sie ist sein Wesen. Gott ist wärmende Liebe. Und sie gilt mir und dir. Du bist geliebt! Ob du es weißt oder nicht. Ob du es fühlst oder nicht. Ob du meinst, du hast sie verdient oder nicht. Ob du gerade gut drauf bist oder völlig neben der Spur. Das ermöglicht Selbstliebe und Liebe zum Anderen. Und dann geht der Spruch noch etwas weiter: ",der da reichet von der Erde bis an den Himmel.“ Ich habe meinen Kinder das auch immer so gesagt, um zu unterstreichen, dass meine Liebe zu ihnen grenzen- und bedingungslos ist. Bei Martin Luther höre ich aber noch mehr daraus, nämlich die Perspektive, dass diese Liebe nicht nur die Erdenzeit umfasst, sondern darüber hinausreicht. Was gab es seinerzeit nicht alles an beängstigenden Vorstellungen von dem Leben nach dem Tod: Gott als Richter, Fegefeuer und Hölle. Nein, sagt Martin Luther: Mit Gott im Herzen steht dir nicht nur die Welt offen, sondern auch der Himmel.