Geistliche Impulse

Gedanken für den Tag - 6. September 2023

„Gott ist ein glühender Backofen voller Liebe." – so formulierte es Martin Luther einmal in einer Predigt.
Und er wollte damit zeigen: Die Liebe ist nicht nur eine Eigenschaft Gottes unter vielen anderen. Sie ist sein Wesen. Gott ist wärmende Liebe. Und sie gilt mir und dir. Du bist geliebt! Ob du es weißt oder nicht. Ob du es fühlst oder nicht. Ob du meinst, du hast sie verdient oder nicht. Ob du gerade gut drauf bist oder völlig neben der Spur. Das ermöglicht Selbstliebe und Liebe zum Anderen.
Und dann geht der Spruch noch etwas weiter: ",der da reichet von der Erde bis an den Himmel.“ 
Ich habe meinen Kinder das auch immer so gesagt, um zu unterstreichen, dass meine Liebe zu ihnen grenzen- und bedingungslos ist. Bei Martin Luther höre ich aber noch mehr daraus, nämlich die Perspektive, dass diese Liebe nicht nur die Erdenzeit umfasst, sondern darüber hinausreicht. Was gab es seinerzeit nicht alles an beängstigenden Vorstellungen von dem Leben nach dem Tod: Gott als Richter, Fegefeuer und Hölle. 
Nein, sagt Martin Luther: Mit Gott im Herzen steht dir nicht nur die Welt offen, sondern auch der Himmel.

Gedanken für den Tag - 3. Juli 2023

Quelle: Kloster Maulbronn
Brunnenhaus des Klosters Maulbronn
Da ist Wasser – Symbol des Lebens. Ohne Wasser gibt es kein Leben.

Und es ist fließendes Wasser – Bewegung und Veränderung. Und das ist auch wichtig für ein Leben. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass eine Lebenssituation so bescheiden sein kann, wie sie will: wenn Veränderung möglich ist, ist Hoffnung da. Im Klinikum merke ich dies täglich an den Betten: Solange die Ursache für ein Beschwerden nicht gefunden wird, ist es bedrückend; doch wenn sich der Grund abzeichnet und man überlegt, was dagegen zu tun ist, wenn also Bewegung da ist, dann ist das positive Gefühl wieder vorhanden.

Bei diesem Brunnen ist mir aber auch noch etwas anderes eingefallen, nämlich ein Zitat von Bernhard von Clairvaux, der Zisterziensermönch war und von 1090 bis 1153 gelebt hat. Die Zisterzienser zeichneten sich durch ihre große Strenge aus. Aber Bernhard hatte auch eine sehr mitfühlende und seelsorgliche Seite, die er einst gegenüber einem Bruder, der an den Aufgaben des Klosters zu zerbrechen drohte, so in Worte gefasst hat:

„Wenn du vernünftig bist, erweise dich als Schale, nicht als Kanal, der fast gleichzeitig empfängt und weitergibt, während jene wartet, bis sie erfüllt ist. Auf diese Weise gibt sie das, was bei ihr überfließt, ohne eigenen Schaden weiter. Lerne auch du, nur aus der Fülle auszugießen und habe nicht den Wunsch, freigiebiger zu sein als Gott. Die Schale ahmt die Quelle nach. Erst wenn sie mit Wasser gesättigt ist, strömt sie zum Fluss, wird zur See. Die Schale schämt sich nicht, nicht überströmender zu sein als die Quelle. Ich möchte nicht reich werden, wenn du dabei leer wirst. Wenn du nämlich mit dir selbst schlecht umgehst, wem bist du dann gut? Wenn du kannst, hilf mir aus deiner Fülle, wenn nicht, schone dich.“

Gedanken für den Tag - 6. März 2023

Wie ein Tunnel aus Schnee.
Wie lange wird er wohl anhalten? Ein kleiner Windstoß reicht schon, dass die leichten Flocken gen Boden fallen. Ein klein wenig Sonne und die Schneekristalle werden schmelzen.
Bei einer Andacht mit Schülern letzte Woche fragte mich ein Junge hinterher, ob mir denn Gott schon einmal begegnet sei. Ich habe gesagt Ja, aber darüber spreche ich nicht. Denn auch diese Momente sind so vergänglich. Bereits das Reden über sie würde sie zerstören.
Wo ist denn dein Gott?, fragen andere angesichts von Krieg und Klimaveränderung. Ich kann es nicht sagen. Aber es gibt immer wieder solche besonderen Moment wie diesen im Wald heute Morgen, wo ich spüre, dass da mehr ist. 
Quelle: Hillmer

Gedanken für den Tag - 31. Januar 2023 - vom morgendlichen Segen

Als kleiner Aufheller an diesen regnerisch trüben Januartagen ist mir folgender lieblicher Text in die Hände gefallen:
Auf dem Weg zur Grundschule holte ich jeden Morgen meine beste Freundin von zuhause ab. Ich wartete auf der anderen Straßenseite, bis sie aus der Haustür kam. Ihre Mutter kam immer hinter ihr. Dann drehte sie sich um, und die Mutter legte ihr die Hand auf den Kopf. Sie sprach dabei, und meine Freundin strahlte. Ich habe sie dann mal gefragt, was ihre Mutter da macht. Da sagte sie: Sie segnet mich.
Als wir dann einmal eine Klassenarbeit schrieben und beide gleich viel wussten, aber ihre Arbeit besser war als meine, da dachte ich: Das muss an dem Segnen liegen. Und ich fragte, ob ich auch den Segen kriegen könnte. Bestimmt, sagte meine Freundin. Und von da an holte ich sie von der Tür ab, und ihre Mutter segnete uns beide. 
Dass wir beide mal gute und mal schlechte Klassenarbeiten schrieben, änderte das nicht. Aber der Trost, den mir dieser Segen jeden Morgen gab, den erinnere ich genau.

Gedanken für den Tag - 23. Januar 2023

Liebe vereint Menschen. Und doch gibt es auch Liebe im Loslassen.
Von einem unbekannten Verfasser habe ich diesen Text gefunden, der mich sehr angerührt und an viele Abschiedsmomente am Sterbebett erinnert hat.

Liebe bedeutet loslassen.
Vielleicht bedeutet Liebe auch, zu lernen, jemand gehen zu lassen,
wissen, wann es Abschied nehmen heißt.
Gekämpft hast du alleine,
gelitten haben wir gemeinsam,
aber verloren haben wir uns nicht.

Gedanken für den Tag - 19. Januar 2023 - von dem unfertigen Puzzle

Ich habe über die Weihnachtstage die alten Puzzle wieder rausgeholt. Und da quält man sich dann über viele Stunden, um am Ende zu merken, dass das Teil, nach dem man die ganze Zeit gesucht hat, nicht mehr da ist. So ein Schiet! Das Puzzle muss unfertig bleiben - und das ist kein gutes Gefühl.
Und dieses Gefühl kenne ich gut, es begleitet mich an den meisten meiner Tage. Im Kalender stehen Zeiten und Termine und am Ende des Tages muss ich mir eingestehen, dass dieser Tag ganz anders verlaufen ist. Für viele Dinge, die ich mir vorgenommen hatte, hat die Zeit gefehlt, andere Dinge habe ich nicht so gemacht, wie ich es wollte. Die Predigt z.B. ist irgendwie nicht angekommen. Schade, das Puzzle des Tages bleibt unvollkommen.
Aber so ist das Leben nun einmal: Unser Lebenspuzzle hat seine Lücken. Bestimmte Dinge, die wir uns wünschen, sind uns nicht vergönnt, manches wird uns einfach so genommen. Bestimmte Dinge gelingen uns, an anderen scheitern wird trotz allen Bemühens. 
Wie gut zu wissen, dass Gott auch das Unfertige liebt und gebrauchen will, dass Gott auch mich und dich liebt und gebrauchen will.

Gedanken für den Tag - 11. Oktober 2022

Quelle: Privat
Es war Vollmond heute Morgen. Und zum ersten Mal fiel mir bewusst auf, dass da dunklere und helle Bereiche im Mond sind. Sind das eine Täler, das andere Berge? Ist es so wie auf der Erde, dass das eine die Kontinente sind und das andere die Ozeane? Aber was ist was? Sind die dunklen Flecken die Kontinente und die hellen die Ozeane oder umgekehrt?

Du merkst schon: Ich verstehe gar nichts vom Mond. Aber ich denke nach über meine eigenen "dunklen Flecken", all die Eigenschaften, die ich mir wünschte, nicht zu haben. Ich habe ja ein bestimmtes Bild von mir und danach teile ich meine Eigenschaften in gute und schlechte Eigenschaften ein. Interessant ist nur, dass ich es auch genau anders herum sehen könnte. Wenn ich denke, dass ich gerne gemütlicher sein und meinen Ehrgeiz ablegen möchte, so ist es doch andererseits mein Ehrgeiz, der mich jeden Morgen antreibt, engagiert in die Welt hinauszugehen, anstatt im Sessel sitzen zu bleiben. Was ist da schon gut und schlecht?

Es lohnt sich, mal über seine "dunklen Flecken" nachzudenken, sie mit etwas mehr Liebe zu betrachten und sich zu fragen, ob nicht gerade sie auch häufig die Lichtpunkte in deinem Leben sind.

Gedanken für den Tag - 24. August 2022

Sparen ist das Gebot der Stunde. Ich schlage die Zeitung auf und lese Tipps, wie man Energie und Wasser einsparen kann. Und ich denke mir, das ist wirklich wichtig und an der Zeit. 
Sparen als Grundhaltung des Lebens macht mich aber gleichzeitig skeptisch. Ich sehe Menschen mit Selbstzweifeln, die sich permanent zurücknehmen und fragen: Wer bin ich schon? Was kann ich schon? In ihnen schlummern so viele Begabungen, die unter der Schale der Unsicherheit verborgen bleiben. Wie sehr wünschte ich, ihr Leben käme mehr zur Entfaltung.
Vielleicht gehörst du auch dazu. Dann möchte ich dir etwas anderes sagen. Nicht: Spare! Schränke dich ein! Sondern: Lebe! 
Jesus hat einmal gesagt: "Ihr seid das Licht der Welt! Man zündet nicht ein Licht an und setzt es unter einen Eimer, sondern auf einen Leuchter, dass es allen Menschen leuchtet." (Matthäus 5, 14+15)

Pfingsten 2022 - Predigt zu Röm. 8, 1-2

Pastor Ulrich Hillmer

Gedanken für den Tag - 30. Mai 2022

Ich schaue aus dem Fenster - kein schönes Wetter heute. Kalt und nass. Wie ärgerlich für Urlauber, die sich auf gutes Wetter gefreut haben. Aber eigentlich ist das Quatsch. Es gibt kein "gutes" Wetter. Das Wetter ist, wie es ist. Und daneben gibt es eben unsere Zuschreibung als "gut" oder "schlecht", wobei wir allgemein von gutem Wetter reden, wenn es warm und sonnig ist.

Und genauso wenig gibt es ein "gutes" oder "schlechtes" Leben. Auch da haben wir allgemeine Bilder im Kopf, was ein gutes Leben beinhalten sollte: Haus, Familie, Arbeit mit ordentlichem Verdienst, Gesundheit usw. Aber weil die wenigsten Menschen all dieses über sich so sagen können, bleibt ein Gefühl des Ungenügens zurück: Eigentlich möchte ich ein ganz anderer sein.

Für Gott bist du genau richtig, wie du bist. Und du solltest aufhören, dich an irgendwelchen Maßstäben zu messen und dich stattdessen mit genau derselben Liebe anschauen, mit der Gott dich anschaut.

Gedanken für den Tag - 24. Mai 2022

Sorge nicht um das, was kommen mag,
weine nicht um das, was vergeht;
aber sorge, dich nicht selbst zu verlieren,
und weine, wenn du dahintreibst im Strom der Zeit,
ohne den Himmel in dir zu tragen.
(Friedrich Schleiermacher - 1768-1834)

Gedanken für den Tag - 13. Mai 2022

Gedanken für den Tag - 12. Mai 2022

Quelle: Ulrich Hillmer
Solche Bäume sind im Wald keine Seltenheit. Ein Sturm hat der Fichte die Spitze abgebrochen. Und in dem Moment ist klar: Dieser Baum wird nicht sein wie andere Bäume. Er wird sich nicht wie sie grade in die Höhe strecken können. Die Zukunft ist ihm genommen. Oder doch nicht? Denn da ist ja noch ein Seitentrieb. Er macht sich umso stärker und tritt an die Stelle des abgebrochenen Hauptstammes.
Vielen Menschen geht es wie diesem Baum. Sie bekommen eine Diagnose, sie müssen sich behandeln lassen und es ist ihnen gesagt, dass ihr Leben hinterher nicht mehr dasselbe sein wird. Und manchmal nimmt die Krankheit ihnen ausgerechnet das, was sie am liebsten tun. Es bricht eine Welt zusammen. Aber gerade dann kommt es darauf an zu entdecken, welche anderen Begabungen ich besitze, und sie stark zu machen.
Ein Mitsänger von mir hatte Krebs und musste an den Stimmbändern operiert werden. Nach der Operation konnte er nicht mehr singen. Das hat ihn sehr belastet. Doch irgendwann hat er seine Trompete aus Kindertagen rausgeholt und sich gesagt: "Hat Gott mir nicht noch viele andere Begabungen geschenkt?"